Stellungnahme der Seelsorgeeinheit Stuttgart-Nordwest zur Umsetzung des Dekretes zur Taufspendung durch Pastoral- und Gemeindereferent:innen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

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Unsere Kirchengemeinderäte haben sich in einem Brief an Bischof Dr. Gebhard Fürst gewandt, den wir hier öffentlich machen.

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Gebhard Fürst,

„die Krise der katholischen Kirche wurde nicht von Frauen verursacht. Und doch haben sie an den Folgen besonders heftig zu tragen.“ Sie zeigten sich im Grußwort zur Tagung von „Agenda“ Ende April 2023 besorgt darüber, dass viele junge Frauen in der katholischen Kirche keine berufliche Zukunft haben. „Das muss uns beunruhigen und ins Handeln bringen; es darf nicht vom Tisch gewischt werden.“

Lange wurde in unserer Diözese die Möglichkeit der Taufspendung für Laien erörtert und kirchenrechtlich geprüft. Nun war es soweit. Wir waren sehr erfreut. Endlich geht es mal – wenn auch nur an einem kleinen Punkt – voran mit der Kirchenentwicklung. Insbesondere dass auch Frauen das Taufsakrament spenden sollen, zeigt Ihre Wertschätzung dem Dienst von Frauen gegenüber, insbesondere auch der pastoralen Mitarbeiterinnen.

Im März 2023 haben wir in der Seelsorgeeinheit beschlossen, dass künftig auch unsere Pastoralreferentin und unsere Gemeindereferentin das Sakrament der Taufe spenden sollen. Die entsprechenden Anträge wurden bei den Hauptabteilungen IV und V eingereicht.

Im April erreichte uns nun der ernüchternde Bescheid, dass 2023 lediglich 26 Personen ausgebildet und beauftragt werden sollen. Eine aus unserer Sicht deutlich zu kleine Anzahl bei insgesamt ca. 90 Frauen und Männern im pastoralen Dienst, die einen Antrag eingereicht hatten.

Sie legen dar, dass aufgrund der großen Anzahl von Antragsteller:innen eine Auswahl getroffen werden musste. Die Gründe für die Auswahl für einen ersten Qualifizierungskurs scheinen uns plausibel, allerdings verstehen wir nicht, warum Sie nicht sehr zeitnah weitere Kurse anbieten, damit alle Interessent:innen noch dieses Jahr qualifiziert und beauftragt werden können.

Es ist für uns nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum für Pastoralreferent:innen und Gemeindereferent:innen eine siebenjährige Berufserfahrung Voraussetzung sein soll, während Priester und Diakone sofort nach ihrer Weihe zur Spendung des Taufsakraments befähigt sind.

Ein weiteres Kriterium für die Zulassung zum ersten Kurs war eine Unterbesetzung oder nur knappe Überbesetzung des Pastoralteams laut Stellenplan. Für die Qualifizierung weiterer PR und GR darf dieses Argument keine Rolle mehr spielen, da die Taufspendung durch PR und GR auch zur Entlastung von Priestern und Diakonen beiträgt und damit die Motivation und Freude an der Arbeit im gesamten Pastoralteam steigert.

Und warum sollen Mitarbeiter:innen, die nicht mehr als 50 % Stellenumfang besetzen, das Taufsakrament nicht genauso würdig spenden können? Oft genug sind es Frauen, die aufgrund der Familienarbeit ihre Arbeitszeit reduzieren.

Abschließend erläutern Sie, dass längst nicht alle Katholik:innen der Taufspendung durch pastorale Mitarbeiter:innen positiv gegenüber stehen. Dem ist so. Allerdings ist diese Personengruppe eine sehr kleine, aber oft lautstarke Minderheit unter den Katholik:innen. Die große Mehrheit steht einer Taufe durch Gemeinde- und Pastoralreferent:innen durchaus positiv gegenüber – ebenso wie vielen weiteren Anliegen, die während des Synodalen Weges diskutiert wurden. Auch das erleben wir in vielen Gesprächen mit Gemeindemitgliedern.

Für die Qualifizierung der weiteren Interessent:innen muss das Ergebnis der Evaluation nicht zwingend abgewartet werden. Durch Qualifizierungsmodule im Rahmen der Ausbildung von Priestern und Diakonen ist in der Diözese genug Erfahrung vorhanden.

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Gebhard Fürst,

wir sehen, dass in unserer Diözese für pastorale Mitarbeiter:innen manches möglich ist, das in anderen Bistümern keine Praxis hat. Auch begrüßen wir, dass 80% der Kursteilnehmer:innen Frauen sind. Aber die Enttäuschung in unserer Gemeinden und bei unserem Pastoralteam über die Absage ist sehr groß.

Wir möchten Sie nun darum bitten, weiterhin mutige Schritte voran zu gehen und so bald als möglich alle pastoralen Mitarbeitenden, die sich für diesen unverzichtbaren Dienst bereit erklären, zu ordentlichen Taufspender:innen auszubilden und zu beauftragen.

Sie machen sich Sorgen um die berufliche Zukunft der Frauen in der Kirche. Wir bitten Sie deshalb: Kommen Sie ins Handeln und wischen Sie unsere Argumente nicht vom Tisch.

Für die Kirchengemeinderäte in der Seelsorgeeinheit Stuttgart-Nordwest

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Hambücher, Pfarrer und Vorsitzender Kraft Amtes
Verena Lambrecht, Gewählte Vorsitzende des Gesamtkirchengemeinderats